Wolfsburger Nachrichten vom 12.03.2024
Nur ein Intendant für Theater in Wolfsburg und Braunschweig? Von Hans Karweik Beim „Talk im Foyer“ zum Thema „Theater und Gesellschaft“ saßen auf der Bühne (von links): Martin Weller, Falko Mohrs, Jens Neundorff von Enzberg und Rainer Steinkamp. © regios24 | Helge Landmann Beim „Talk im Foyer“ macht ein Teilnehmer den Vorschlag, ein Intendant könnte beide Theater leiten. Er weiß, wovon er spricht. Das bürgerschaftliche Engagement hält Rainer Steinkamp für jene Kraft, die das Theater in die Zukunft trägt. Das betonte der Intendant des Scharoun Theaters am Sonntagvormittag im „Talk im Foyer“. Er knüpfte aktuell an die kurz zuvor erfolgte Übergabe der Marcks-Plastik „Die Hüterin“ aufgrund einer privaten Initiative Heiligendorfer Bürger an. Zudem machte der Intendant aufmerksam auf den Blick der Zuhörer durch die lang gezogene Glasfassade auf den Klieversberg sowie die Stadtsilhouette. Und unterstrich: „Dieses Haus entstand, weil es aus der Bürgerschaft gewollt wurde.“ Es gab sogar eine Lotterie, um die Finanzierung in wirtschaftlicher Krise zu gewährleisten. Es brauche neue Wege und Experimente, um die Relevanz des Theaters zu erhalten Ironisch, aber überzeugt fügte Steinkamp hinzu: „Hier gibt es keine abschreckenden Säulen, keine Ehrfurcht auslösenden Treppen.“ Zuvor nannte Niedersachsens Kultusminister Falko Mohrs dies als einen Grund für „Scheu vorm Theaterbesuch“, insbesondere der jungen Generation. Wie auch Jens Neundorff von Enzberg, der dritte Disputant im Gespräch über „Theater und Gesellschaft“ in der Moderation von Kulturmanager Martin Weller. Alle auf dem Podium stimmten darin überein, dass es neuer Wege, mutiger Experimente bedürfe, um das Theater als Forum der Auseinandersetzung über gesellschaftliche, auch politische Fragen zu erhalten. Mehr noch, um die Attraktivität zu steigern. Dies gelte auch für den Auftrag, „das kulturelle Gedächtnis“ (Weller) zu sein, also Werke in Literatur, Musik, auch Kunst zu pflegen durch Belebung. Weller erinnerte daran, dass die heutige Form des Theaters auf die griechische Antike zurückgeht. Vor rund 2500 Jahren entstanden Aufführungen aus dionysischen Spielen. Schrieben Dichter wie Aischylos Tragödien. Vor 500 Jahren wurde das antike Theater in Italien modernisiert und erstand neu. Alle waren sich einig: Theater in Wolfsburg und Braunschweig haben gute Austausch-Möglichkeiten Minister Mohrs, „Herr über unsere Theater“ (Weller), sagte, er sehe seine Aufgabe darin, vor allem die Intendanten auszuwählen. Diesen dann aber weitestgehende Freiheiten in der Spielplan-Gestaltung zu gewähren: „Wir treffen Personalentscheidungen, legen keine Inhalte fest.“ Über die Besetzung leitender Stellen aber übe die Politik Einfluss aus – legitimiert durch demokratische Wahlen. Der Meininger Intendant Neundorff von Enzberg schlug vor, die Stellen in Braunschweig und Wolfsburg in Personalunion zu besetzen. Auch er leite parallel das Theater Eisenach. Das führe zu Synergien. Dass das benachbarte Staatstheater mit Ensemble mit dem Bespieltheater Wolfsburg gute Austausch-Möglichkeiten habe, zudem mit Wolfenbüttel (Lessingtheater), Salzgitter und Helmstedt eine kulturelle Region angesprochen werde, unterstrichen alle Disputanten. Weitere Möglichkeiten der Kooperation böten Hildesheim, Osnabrück und Hannover. Beispielhaft hob Weller das Gastspiel der NDR-Radiophilharmonie am Vortag hervor: „Der Solist, Stargeiger Frank Walter Zimmermann, kam hierher, weil er zuvor zweimal in Hannover mit dem NDR- Ensemble auftrat.“ Sonst könne sich Wolfsburg das finanziell nicht leisten. Dorothea Frenzel, Vorsitzende des einladenden Theaterringes, dankte allen vier Männern.
theaterring wolfsburg e.v.                   Bildung, Kunst und Kultur theaterring wolfsburg e.v. Partner und Förderer des Scharoun Theaters seit 1965