Wolfsburger Nachrichten vom 15.01.2023
(Digitalausgabe)
Theaterring Wolfsburg: Eine Stimme, ein Piano, eine Operette
Franziska Dannheim (Sopran) und Jeong-Min Kim (Piano) begeistern auf dem
Neujahrsempfang des Theaterrings.
Franziska Dannheim (Sopran) und Jeong-Min Kim (Piano) brachen die beliebte Operette
herunter in ihrem 2007 gemeinsam entwickelten Format „Oper légère“.
Foto: LARS LANDMANN / regios24
Hans Karweik
30 Rollen, großer Chor, Ballett, fünf Nationaltänze – Johann Strauß (Sohn) hat ein
aufwendiges Werk in der Länge einer Spieloper komponiert, am 5. April 1874 in Wien
uraufgeführt in der „Goldenen Ära der Oper“. Franziska Dannheim (Sopran) und Jeong-Min
Kim (Piano) brechen die beliebte Operette herunter in ihrem 2007 gemeinsam entwickelten
Format „Oper légère“. Und begeisterten am Samstagabend auf der voll besetzten Hinterbühne
des Scharoun-Theaters. Die Gäste des 14. Neujahrsempfangs des Theaterrings erklatschten
mehrere Zugaben. Erst dann gingen sie. Frohgelaunt. Vergnügt.
Turbulentes, komödiantisches Narrenspiel
Das lag an der „Fledermaus“, ist sie doch ein turbulentes, komödiantisches Narrenspiel, in
dem sich die gehobene Gesellschaft des Adels, das aufstrebende Bürgertum und
selbstbewusster werdende Dienstleute in einer Ballnacht voller Seligkeit unter Masken
versteckt verlustieren.
Eingefädelt vom rachsüchtigen Notar Dr. Falke, der vier Jahre zuvor trunken als „Fledermaus“
auf den Straßen eines Badeortes bei Wien gefunden wurde. Gefängnisdirektor Frank inhaftiert
versehentlich Alfred, den Liebhaber Rosalindes, weil er im Morgenrock von Eisensteins mit ihr
diniert. Eisenstein ist ihr Gatte, aber will nochmals eine Nacht voller Seligkeit erleben, bevor
er eine mehrtägige Gefängnisstrafe antritt.
Auf dem Maskenball verliebt Eisenstein sich in seine Frau, maskiert als ungarische Gräfin,
zuvor wirbt er um Adele, beider Dienstmädchen. Sie sucht verkleidet einen Mäzen, um
Schauspielerin zu werden. Viele Verwicklungen später endet alles im Gefängnis, wo
Gerichtsdiener Frosch überfordert ist. Es ist die einzige Sprechrolle, gern gespielt von
Komödianten wie Heinz Erhard, Jürgen von Manger und Jochen Busse. Auch davon erzählt
Franziska Dannheim.
Sopranistin überzeugt durch variable Stimme
Vor allem aber überzeugt die Sopranistin durch ihre variable Stimme, indem sie auch
männliche Arien singt. Dabei wirbelt sie, unterstreicht die Lieder mit lebhafter Gestik, tanzt
sie, tänzelt sie, bringt mit ihrer Mimik Stimmungen zum Ausdruck.
Dazu spielt ebenso leidenschaftlich die Südkoreanerin Jeong-Min Kim diese Melodien gut auf
die Performance abgestimmt auf dem Piano. Es sind traumhafte Melodien und Lieder, die sich
teils längst losgelöst haben von der Strauß-Operette. Nicht nur „Glücklich ist, wer vergisst,
was doch nicht zu ändern ist“ singt das Publikum im Refrain mit. In Champagnerlaune, gab es
doch in der Pause mindestens „ein Glas Sekt“ zum Anstoßen auf das neue Jahr 2023.
Die Wirkung dieser „Operetta leggera“, dieses Parforceritts durch „Die Fledermaus“ unterstrich
die intime Atmosphäre auf der Hinterbühne, durch den Wolkenvorhang in changierenden
Farben beleuchtet, abgestimmt von den Theatertechnikern auf die jeweilige Handlung.
So griff Dorothea Frenzel erfreut die Bezeichnung „Chambre Separée“ auf, mit der Dramaturg
Christian Mädler dem Theaterring nicht nur für diese Spende 2022 dankte. Die Ring-
Vorsitzende betonte, dass Theater somit „ein Erlebnis ist, ein Quell positiven Denkens, aber
immer wieder neuer Ideen und Formate“ bedürfe. Deshalb lud der Theaterring das Duo
Dannheim/Kim nach dessen Auftritt auf dem Sommerfest 2022 erneut ein. Und fand dafür
großen Anklang.
Sopranistin Franziska Dannheim und Pianistin Jeong-Min Kim vermittelten schöne Musik und Wissenswertes
über die Familie Strauss.
Foto: Britta Schulze
Gelungener Neujahrsempfang mit „Oper légère“
Tolle Atmosphäre auf der Hinterbühne des Scharoun Theaters
VON ROBERT STOCKAMP
Vergnüglich beschwingt war der Neujahrsempfang des Theaterrings Wolfsburg auf der
Hinterbühne des Scharoun Theaters. Das Duo „Oper légère“ unterhielt mit Liedern aus der
Strauss-Operette „Die Fledermaus“. Mit voll besetzten Stuhlreihen konnte der Verein nach drei
schwierigen Jahren endlich wieder in großem Umfang das neue Jahr begrüßen.
Die Sopranistin Franziska Dannheim und Pianistin Jeong-Min Kim haben mit „Oper légère“ ein
ganz eigenes Format gefunden, klassische Stoffe auf gutem künstlerischen Niveau und sehr
unterhaltsame Weise darzubieten. Ernsthaftigkeit und Unterhaltung, was irgendwie noch
immer gern getrennt gesehen wird, kam am Samstagabend auf der Hinterbühne auf
wunderbare Weise zusammen.
Ob weibliche Rolle oder auch Tenor: Franziska Dannheim sang an diesem Abend alle Partien
aus der berühmten Operette. Technisch gut und mit schwungvoller körperlicher Darstellung
interpretierte sie die Rollen tadellos. Joeng-Min Kim spielte dazu die Klavierbearbeitung der
Orchestermusik manchmal mit einem sehr harten Tastenanschlag, aber auf jeden Fall
einwandfrei.
Die für diese Darbietung schwierige akustische Situation auf der Hinterbühne hatten die
Techniker des Theaters sehr gut im Griff. Die Verstärkung über die Lautsprecher war auf das
absolute Minimum beschränkt, sodass beim Hören bis in die letzte Reihe noch der
unvergleichliche Eindruck einer unverstärkten Musik entstand. Auch wussten sie den
Wolkenvorhang mit toller Beleuchtung gut zur Geltung kommen zu lassen.
Von dem Vorhang mit seinen zart gerafften Reihen war auch Franziska Dannheim ganz
angetan. Theaterring-Vorsitzende Dorothea Frenzel hörte das gern. Schließlich war es ihr
Verein, der von seinen Einnahmen diesen Vorhang finanziert und dem Scharoun Theater
geschenkt hatte. Er trug wesentlich zur tollen Atmosphäre des sehr intimen Klassikabends
bei.
„Ich bin sehr dankbar, dass wir vom Theater wieder die Möglichkeit bekommen haben, in
diesem exklusiven Rahmen auf der Hinterbühne unseren Neujahrsempfang veranstalten zu
dürfen“, betonte Dorothea Frenzel in ihrer Ansprache.
Es fühle sich fast schon wieder an wie vor der Coronapandemie, erklärte sie; aber eben nur
fast, denn „die drei Jahre haben uns alle verändert“. Angebote würden kritischer betrachtet,
man setzte sich auch mit ganz neuen Formaten auseinander.
Am Samstagabend jedenfalls überwog die Freude über einen vergnüglichen Abend. Dannheim
erzählte auch viel über die Hintergründe zur Entstehung der Operette und über die Familie
Strauss. So lernten die Zuschauer, dass Johann Strauss und seine Brüder sich nicht so
sonderlich gewogen waren, dass Joseph Strauss zunächst nicht musikalisch tätig sein wollte
und die erste Wiener Straßenkehrmaschine entwarf.
Sie ging auch auf die Umstände des Jahres 1873 ein, dem Entstehungsjahr der Fledermaus.
Wien steckte in tiefer Rezession nach dem Börsencrash am 9. Mai. Die Weltausstellung wurde
zunächst zum Desaster, da der Sommer des Jahres extrem ungemütlich war. So war der
Abend gleichermaßen unterhaltsam und sehr informativ.
Wolfsburger Allgemeine vom 16.01.2023